Buchvorstellung und Vortrag von Jana Günther
Online-Vortrag hier
Die Frauenbewegung als eine soziale Bewegung gilt als die Agentin der Frauenemanzipation und als Symbol des Freiheitskampfes von Frauen schlechthin. Oft wird sie von Aktivist_innen und Historiker_innen als einheitliche, durch eine kollektive Identität gestützte, Bewegung betrachtet, in deren Protesten sich homogene Ideen und politische Spektren widerspiegeln. Zweifelsohne ist die demonstrative Darstellung von Einheitlichkeit und Einigkeit ein wichtiger Prozess der Mobilisierung und kann ein stilistisches Mittel der Protestinszenierung sein. Jedoch zeiht eine eingehendere empirische Analyse der frühen Frauenbewegung die Grenzen der Idee kollektiver Identitäten auf. Vielmehr fanden (und finden) auch innerhalb der Frauenbewegung soziale Kämpfe statt, die geschlechts- und klassenspezifische Ungleichheiten verhandeln. Konflikte und Brüche stellen einen bedeutenden Teil der Frauenbewegungsgeschichte dar und äußern sich in konkreten Diskriminierungen und Ausschlüssen, hegemonialen Geschlechtervorstellungen und Legitimationen der Klassenspaltung, als auch in neuen Formen solidarischen Handelns, neuen Koalitionen, Protestformen und neuen Zielausrichtungen. Die Fragilität und Heterogenität sowie die Versuche der Protestakteur_innen diese auszubalancieren, trugen dann auch dazu bei, neue Bündnisse und Solidaritäten innerhalb der Frauenbewegung selbst und auch mit anderen zu der Zeit aktiven Protestbewegungen zu schaffen.
Fragile Solidaritäten führt durch die Geschichte und Diskurse der deutschen und britischen ‚ersten‘ Frauenbewegung und betrachtet diese aus einer soziologischen Perspektive. Die Analyse der Bewegung an der Intersektion von Geschlechter- und Klassenverhältnissen lädt dazu ein, ihre Heterogenität in Geschichte und Gegenwart neu in den Fokus zu nehmen. In ihrem Vortrag wird Jana Günther Licht auf einige wichtige Konfliktlinien werfen, um im Anschluss live eure Fragen zu beantworten.
Über die Autorin:
Jana Günther, geboren 1978 in der DDR, ist promovierte Sozialwissenschaftlerin mit den Forschungs- und Lehrschwerpunkten soziale Bewegungen und Protestforschung, soziale Ungleichheit und Armut, Gleichstellungs- und Antidiskriminierungspolitik sowie klassische feministische Theorie. Sie ist Mitherausgeberin der Zeitschrift Femina Politica und Vorständin im FrauenBildungshausDresden e.V. Derzeit forscht sie zur Rolle der Frauenbewegungsorganisationen in der Kriegsindustrie und unterrichtet als Vertretungsprofessorin für soziologische Grundlagen der Sozialen Arbeit an der Hochschule Darmstadt.