Do., 24.10., 19 Uhr: Kritische Theorie und Geschlecht – Ansätze einer materialistisch-feministischen Gesellschaftsanalyse

Referentin: Barbara Umrath
ACHTUNG RAUMÄNDERUNG: Die Veranstaltung findet im “Institut für Zukunft (ifz)”, An den Tierkliniken 38-40 statt

In Kooperation mit dem Kulturraum e.V.

Die Kritische Theorie, wie sie ab den 1930er-Jahren von Max Horkheimer, Erich Fromm, Theodor W. Adorno, Herbert Marcuse und anderen entwickelt wurde, hat bis heute einen starken Einfluss auf gesellschaftskritisches Denken. Folgt man der einschlägigen Sekundärliteratur, hat sie sich mit Geschlechterverhältnissen jedoch kaum beschäftigt. Entsprechend selten wird in aktuellen Versuchen einer Verbindung von materialistischem und feministischem Denken auf die Kritische Theorie Bezug genommen. Hier setzt der Vortrag an, in dem er diskutiert, welche Ansatzpunkte eines Zusammendenkens von materialistischer und feministischer Kritik sich in der klassischen Frankfurter Schule finden und wie diese aus heutiger Perspektive weitergedacht werden können.

Als eine grundlegende Stärke der Kritischen Theorie wird dabei deren erweitertes Materialismusverständnis herausgearbeitet: Materialismus wird von ihr nicht primär als durch einen bestimmten Gegenstandsbezug (im traditionellen Marxismus: die Ökonomie bzw. Produktionsverhältnisse) charakterisiert verstanden, sondern als historisch-materialistische Perspektive auf Gesellschaft. Dies wiederum erlaubt ihr, die bürgerliche Gesellschaft als einen Herrschaftskomplex zu analysieren, in dem verschiedene, nur analytisch zu trennende Herrschafts- und Ungleichheitsverhältnisse konstitutiv miteinander verbunden sind. Ihre materialistische Perspektive knüpft damit einerseits an die Marxsche Kritik der politischen Ökonomie an, geht zugleich aber in zweierlei Hinsicht über Kapitalismuskritik im engeren Sinne und ein marxistisches Denken in Haupt- und Nebenwidersprüchen hinaus. Erstens wird die Kritik an herrschaftsförmigen Geschlechter- und sexuellen Verhältnissen von der Kritischen Theorie als eine genuine Aufgabe materialistischer Gesellschaftsanalyse verstanden. Zweitens rücken dabei nicht zuletzt die gesellschaftlich konstituierten Subjektivierungs- und Beziehungsweisen in den Fokus ihrer materialistischen Kritik. Im Vortrag soll argumentiert werden, dass sich an der Kritischen Theorie damit ein Denken schulen lässt, dass Subjektivität und ‚Privates’ in ihrer Gesellschaftlichkeit – oder, wie es in der Neuen Frauenbewegung hieß: als ein Politisches – betrachtet, ohne darüber in (identitätspolitische) Personalisierung, Moralisierung und Voluntarismus zu kippen.

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