Di., 11.10.2016, 19:00 Uhr
Das Unbehagen mit dem Sternchen. Feministische Sprachkritik ist mehr als eine Frage der Zeichen
Die richtige Verwendung von Sprache ist politisch ein umkämpftes Feld. Insbesondere die feministische und die queere Szene fordern adäquate sprachliche Repräsentation. Unterschiedliche Vorschläge wurden in den letzten Jahr(zehnt)en gemacht, um mehr als nur Männer – mitunter auch Frauen – sichtbar zu machen: das Binnen-I, das Sternchen und der Unterstrich sind wohl die bekanntesten. Dagegen richten sich immer wieder selbsternannte »Sprachwahrer«, denen jede Veränderung der Sprache als kultureller Verlust gilt. Im Vortrag sollen diese Reaktionen kritisiert und erklärt werden, warum feministische Sprachkritik wichtig ist. In feministischen und queeren Zusammenhängen scheint jedoch bisweilen die Frage nach der richtigen Form zu Ungunsten der Argumente in den Mittelpunkt zu rücken. Wir wollen uns daher einer feministischen Sprachkritik annähern, die sich einer einseitigen Betonung der Form entzieht.
Eine Veranstaltung des Antifaschistischer Frauenblock Leipzig (afbl.org) im Rahmen der Kritischen Einführungswochen.
Sa./So., 15./16. Oktober 2016:
Gedenkstättenfahrt zum ehemaligen Frauen-KZ Ravensbrück (in Kooperation mit dem Bon Courage e.V.)
// Leider ausgebucht! Es gibt eine Warteliste. //
So., 23.10.2016, 16:00 Uhr
“Gib auch uns ein Recht auf Leben!“ – Radclyffe Halls „Quell der Einsamkeit“: Kritische Lesung und Diskussion im Rahmen des Leipziger Festivals der Lesbischen Lebenskunst
Referentinnen: Koschka Linkerhand, Sabrina Zachanassian
„Quell der Einsamkeit“, ein Klassiker lesbischer Literatur, wurde kurz nach der Veröffentlichung 1928 gemäß dem britischen „Obszönitätsparagraphen“ verboten. Dennoch wurde Stephen Gordon – eine Butch, wie sie im Buche steht – rasch zu einem Vorbild lesbischer Lebensform. Radclyffe Halls Plädoyer für Toleranz fußt auf der zeitgenössischen sexualwissenschaftlichen Annahme, wonach Lesben und Schwule eine Laune der Natur seien, ein drittes Geschlecht, dem Anerkennung nicht länger verwehrt werden dürfe. Diese Legitimierung homosexueller Liebe ähnelt überraschend den „Born this way“- Bannern auf heutigen CSDs. Ist der Kampf um Anerkennung nicht anders zu rechtfertigen als durch Biologismen alter und neuer Prägung, die die Frage nach den gesellschaftlichen Bedingungen von Begehren für überflüssig erklären? Die Lesung bietet einen Eindruck, welche Vorstellungen von lesbischer Liebe und Sexualität in „Quell der Einsamkeit“ vermittelt werden, und geht der Frage nach, wie viel politischer Sprengstoff heute noch in diesem Roman und seinen Forderungen steckt.
Mi., 26.10.2016, 19:00 Uhr
„Lieselott Herforth. Die erste Rektorin einer deutschen Universität.“
Buchvorstellung und Lesung mit Waltraud Voss
Lieselott Herforth (1916-2010) war von 1965-1968 die erste deutsche
Universitätsrektorin (TU Dresden) – und als Physikerin erfolgreich in
einer Männerdomäne. In Berlin, Leipzig, Merseburg und Dresden
beschäftigte sie sich u.a. mit radioaktiven Isotopen und der
Strahlenmessung. Ihr Grundlagenwerk »Praktikum der Angewandten
Radioaktivität und Radiochemie« (gem. mit Hartwig Koch) wird noch
heute bundesweit in der Lehre eingesetzt und stetig aktualisiert. Spät
trat sie in die SED ein und war Mitglied mehrerer hoher Gremien der
DDR. Neben der Forschung engagierte sie sich für den
wissenschaftlichen Nachwuchs und die Gleichstellung. Diese erste
umfassende Biographie anlässlich ihres 100. Geburtstags zeichnet den
Werdegang der Pionierin nach.
Dr. Waltraud Voss, geb. 1944, Mathematikerin, arbeitet und
veröffentlicht hauptsächlich zur Mathematikgeschichte und zur
Geschichte der TU Dresden, zuletzt als wissenschaftliche Mitarbeiterin
am Universitätsarchiv.
Eine Veranstaltung in Kooperation mit dem Zentrum für Frauen- und Geschlechterforschung der Uni Leipzig
Fr., 4.11., 18:30 Uhr
„Nein heißt Nein!“ – Die Reform des Sexualstrafrechts als feministischer Erfolg, ihre Schattenseiten und was weiter zu tun ist.
Vortrag und Gespräch mit Dr. Ulrike Lembke
Achtung! Ort: Felix-Klein-Hörsaal, Paulinum (5. Etage), Campus der Universität Leipzig
Eine Veranstaltung in Kooperation mit dem Zentrum für Frauen- und Geschlechterforschung und dem Fachschaftsrat Jura im Rahmen seiner Veranstaltungsreihe Recht//Überlegt
Am 7. Juli 2016 hat der Bundestag entschieden, dass Sexualstrafrecht grundlegend zu ändern. Mit der Umsetzung von „Nein heißt Nein!“ kommt es künftig auf das (fehlende) Einverständnis der Betroffenen an. Damit wird die sexuelle Selbstbestimmung in den Mittelpunkt gestellt und nicht die Frage von Gewalt und Widerstand oder nach dem richtigen oder falschen Verhalten des Opfers. Diese Reform ist das Ergebnis jahrelanger feministischer Kämpfe und ein großer Erfolg!
Doch es gibt auch Schattenseiten: Die bundespolitische Debatte kam erst nach den Vorfällen in der Silvesternacht 2015/16 in Köln richtig in Gang und zwar hauptsächlich durch Gruppen und Personen, die sich zuvor wenig um sexuelle Autonomie gekümmert haben. Feministische Positionen wurden dabei rassistisch vereinnahmt; mit der Sexualstrafrechtsreform wurden dann Verschärfungen des Asylrechts verbunden. Auch wurden und werden in der Diskussion um die Reform immer wieder erschreckende sexistische Positionen geäußert. Davon ist die Rechtsprechung keineswegs ausgenommen – die Notwendigkeit zur Reform beruhte auch wesentlich auf Gerichtsurteilen, die von Geschlechterstereotypen und Vergewaltigungsmythen geprägt waren. Ein Gesetz allein kann solche gesellschaftlichen Probleme nicht lösen.
Wie ist die neue Rechtslage, was ist der große Fortschritt? Warum sind die Debatten über und nach „Köln“ unvereinbar mit feministischen Politiken? Was muss jetzt weiterhin getan werden, damit ein Nein auch wirklich Nein bedeutet oder noch besser: damit Menschen enthusiastisch Ja zu sexuellen Interaktionen sagen können?
Dr. Ulrike Lembke ist Rechtswissenschaftlerin und derzeit an der Universität Greifswald tätig; zudem arbeitet sie als Expertin für Gender Equality Law für die Europäische Kommission. Sie hat in der ersten Jahreshälfte Gruppen und Parteien beraten, die ohne rassistische Untertöne an der Sexualstrafrechtsreform arbeiten wollten, und einige rechtspolitische Texte veröffentlicht, u.a. http://www.legal-gender-studies.de/sexuelle-uebergriffe-im-oeffentlichen-raum-rechtslage-und-reformbedarf und http://verfassungsblog.de/warum-die-reform-des-sexualstrafrechts-keine-ist/.
So. 6.11.2016, 15:00 Uhr
Lesung: “Über die Schwierigkeit, Objekte zu bilden.”
Vom Streit um Geschichte ausgehend, stellen drei Redakteurinnen der outside the box- Zeitschrift für feministische Gesellschaftskritik einen Text aus der neuen Ausgabe vor, einen Reprint: Barbara Sichtermanns „Mit dem Silbermesser zerteilt“ (1983). Ausgehend von den Revolten der frühen 1970er Jahre, die auch um die Befreiung der weiblichen Sexualität rangen, geht Sichtermann noch einen Schritt weiter: Folgt aus der Befreiung der Sexualität automatisch die Befreiung der Einzelnen, der Geschlechter?
Auf der Suche nach dem Unabgegoltenen in Sichtermanns Text laden wir euch ein, mit uns zu lesen und zu diskutieren.
Der Text erschien in: Barbara Sichtermann, Weiblichkeit. Zur Politik des Privaten, Wagenbach Verlag, 1983.
Eine Veranstaltung anlässlich der Hirschfeld-Tage 2016.
Mo., 14.11., 19:00 Uhr
Hilfe und Unterstützung bei sexualisierter Gewalt
Referentinnen: Susanne Hampe (Frauen für Frauen e.V.), Nadine Maiwald (Anwältin)
Vortrag über Möglichkeiten der Unterstützung für Betroffene sexualisierter Gewalt und Vorstellung lokaler Beratungs- und Hilfestrukturen. Weitere Informationen auf monaliesa.de und facebook.
So., 27.11.2016, 16:00 Uhr
“Neurechte Rhetorik im Kreuzzug gegen Gender und Feminismus”
Unter dem Kampfbegriff der „Reconquista maskuliner Ideale“ ziehen neurechte Agitatoren gegen Feminismus und Gender zu Felde. Die Geschlechterpolitik ist im Zentrum rechter Ideologien angekommen, und das nicht von ungefähr: Ist doch die Ungleichheit der Geschlechter eine Art Blaupause für jede Propaganda der Ungleichheit. Rechter Diskurs und die Alltagsrhetoriken einer patriarchal gesättigten Kultur verschaffen einander dabei gegenseitig Resonanz und Plausibilität.
Die rechte Ideengeschichte lässt sich als ein Ineinandergreifen von politischer Ideologie und einem rhetorischen Programm beschreiben, das von Tradierung und Erneuerung gleichermaßen geprägt ist. Eine zentrale Konstante ist die Verknüpfung politischer Programmatik mit geschlechtlichen (Selbst)bildern, Metaphern und Assoziationsverkettungen. Das umfasst Aspekte wie eine idealisierte männliche Autonomie, das Menetekel gesellschaftlicher Verweiblichung, kriegerische Selbstbehauptung, Verschmelzungsphantasmen mit Mutter Erde oder das Motiv des Vatermordes als Vaterlandsmord. Dem kontrastiert die Bilderwelt patriarchal verbürgter guter Ordnung und unerschütterlicher Männlichkeit. So entsteht ein semantisch vermittelter Wohlfühlraum in der Inszenierung geschlechtlicher Ungleichheit.
Auf der Basis solcherart vergeschlechtlicher Wertungssysteme delegitimiert diese Rhetorik subtil und suggestiv demokratische Fundamente wie Gleichheit, Friedfertigkeit und soziale Verantwortung im Namen männlicher Selbstbehauptung. Diese Botschaft erhält und erneuert sich in den diskursiven Entwicklungen rechter Programmatik und Rhetorik.
Referentin: Dr. Gabriele Kämper, Literaturwissenschaftlerin und Leiterin der Geschäftsstelle Gleichstellung des Landes Berlin
Di., 06.12.2016, 19:00 Uhr
Chick Lit – young feminist writers: Lektorin werden – Lektorin sein. Betrachtung des Berufes aus feministischer Perspektive
Referentinnen: Heidi Stecker, Susan Wille
Hinter jedem Buch steckt mindestens ein_e Lektor_in. Stil, Form und auch Inhalt wird durch Lektor_innen geprägt, sie sind wichtige Akteurinnen im Entstehungsprozess eines Buches. Wir haben zwei Lektorinnen eingeladen, um mit ihnen über ihre Tätigkeit zu sprechen. Zum einen wird es uns um ihre konkrete Arbeit und die Fragen danach gehen, wie man Lektorin wird, wie man Aufträge erhält, welche Bezahlung eingefordert werden kann – und muss. Welche Netzwerke sind sinnvoll, welche Freuden und Schwierigkeiten bringt der Beruf mit sich? Zum anderen interessiert uns die politische Dimension: Wählen die Lektorinnen nach feministischen Standpunkten aus? Wie können diese in die Arbeit einfließen? Wie steht es um das Geschlechterverhältnis in diesem Beruf und ist eine gewisse Solidarität zwischen den Freiberuflerinnen erkennbar? Diese und weitere Fragen sollen anhand der Erfahrungen auf dem Podium und im Publikum diskutiert werden.
Vorschau:
März 2017: Dr. Karin Stögner: “Antisemitismus und Sexismus”
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